Für ihre Ausstellung in Belleparais 

entwickelte Karin Peulen aus ein

und derselben Aussicht vom Dach

der Unité d‘Habitation in Marseille 

(Le Corbusiers wohl bekanntester

und frühester Sozialwohnbau) auf

einen gegenüberliegenden Plattenbau

eine Art Mikrokosmos von Farbver-

schiebungen auf großformatigen 

Leinwand-Siebdrucken. Gedanken über

Architektur und Raum, tatsächlichen

und empfundenen, Theorien Le

Corbusiers zur Farbe – etwa die 

Zusammenhänge von sogenannten

›claviers de couleurs‹ (Farbenklaviaturen) 

und ›sentiments‹, die Gefühlszustände, 

Stimmungen und materialbezogene

Assoziationen umfassen, werden zum

Thema und untersucht. Die Technik 

des manuellen Siebdrucks ermöglicht

ihr, Nuancierungen zu vergegenwärtigen,

die sich dem RGB Modus unserer träge

gewordenen Er- wartungen an Farbe

entgegenstellen und zugleich Figuration

und Abstraktion in ein die Wahrnehmung

herausforderndes Wechselspiel verwickeln.

.coloratura.

.

Von 19.12. 2019 bis 21.3. 2020

sind in Belleparais Arbeiten

der in Maastricht lebenden

Künstlerin Karin Peulen zu sehen.

.

Bereits der Ausstellungstitel ›coloratura‹ 

sowie seine Assoziation an das Gestalten

von Tönen und Klängen verweisen auf die

konzeptuelle Auseinandersetzung mit den

Begriffen von Malerei und Farbe in Karin

Peulens Werk. Stets Haptik und Sinnlichkeit

des Materials im Auge habend untersucht sie

die Möglichkeiten von Farbe und Malerei

heute. Dabei bewegt sie sich auf unter-

schiedlichen Terrains. Sie bedient sich

klassischer künstlerischer Ausdrucksformen

in Papier- und Tafelbild- oder Textilarbeiten,

doch darüber hinaus entstehen ihre Arbeiten

in interdisziplinären Künstlerprojekten, die 

musische, naturwissenschaftliche,

philosphische, soziale und damit auch

sozialpolitische Bereiche integrieren.

Als welch weites Feld sich Malerei und Farbraum verstehen

lassen, führte Karin Peulen in einer Zusammenarbeit mit

einem Imker und einem Schäfer vor Augen. Gemeinsam

entwickelte sie ein Projekt, in dem eine Art natürlicher

kleiner Gemälde entstand, die zugleich farbliche Hinweise

auf zu erwartende Geburten von Lämmern darstellten.

Durch Mischungen u.a. aus Bienenwachs und natürlichen

Pigmenten entwarf sie ein Spektrum von 120 Farben, die

zur Markierung vermutlich befruchteter Schafe dienten.

Dabei wandelte sie einen Markierungsvorgang ab, der

tatsächlich in der Schafzucht vorgenommen wird,

kulminierte das farbenfrohe Treiben allerdings durch die

Erhöhung der Anzahl der Böcke in einer Herde und ein

häufigeres Wechseln der Markierungsfarben, die sich bei

der Begattung eines Schafes auf demselben abzeichneten.

Die Beschäftigung mit einer letztlich unmöglichen

Deckungsgleiche von Gegenstand und Repräsentation,

die Integration von bildhafter Sprache und Konnotationen

in ihre Arbeitsweise findet sich beispielhaft in ihrer

jüngsten Ausstellung „The Map is not the Territory“

(Alfred Korzybski (1879-1950)), die im Kunstverein

B32, gemeinsam mit ehemaligen Absolventen der

Kunstakademie in Maastricht stattfand. In dieser

zeigte sie einen Perserteppich, in dem sich die

Ornamentik verwischt und durch Bleichungsprozesse

langsam auslöscht. Die somit angetriggerte Reflexion

über gegenwärtige Vorgänge in einem Gebiet mit

einer Tradition des Teppichknüpfens und

Musterwebens, einer in knapp zwei Jahrtausenden

entwickelten ornamentalen Symbolik, die damit

verbundene Sichtbarkeit einer Kultur und

Identifikationmöglichkeiten der unterschiedlichen

Kulturträger obliegen der Nachdenklichkeit und

Sensibilität des Betrachters.

karinpeulen@gmail.com

 

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